Aktuell: EU-Kommission will „Entfesselung“ der Märkte für Mietwohnungen
Ein neues Arbeitspapier der Europäischen Kommission kann tatsächlich den sozialen Wohnbau in seiner Vielfalt in Europa gefährden. Ich befürchte als Beobachterin vor Ort in Brüssel bereits seit längerer Zeit einen massiven Eingriff in das Wohnungswesen der Mitgliedstaaten. Das hat sich seit den Klagen von institutionellen Immobilieninvestoren gegen die Wohnbauförderungssysteme von Schweden, den Niederlanden und Frankreich abgezeichnet.
Zahlreiche inhaltliche Mängel im „Arbeitspapier“ der Kommission
Neben vielen inhaltlichen Mängeln gibt das sehr technisch formulierte Dokument unter dem vordergründig harmlosen Titel „Regulierung des Mietwohnungsmarkts in der EU“ ein klares Ziel vor: Durch Aufweichung von MieterInnenschutz und Mietpreisbindungen sollen die Märkte für Mietwohnungen ihr „volles Potenzial entfesseln“. Das steht klar im Widerspruch zu den wiederholten Beteuerungen von Kommissar Almunia, Kommissar Hahn und der ÖVP, dass seitens der Europäischen Kommission keine Eingriffe in das Wohnungswesen der Mitgliedstaaten geplant sind. Dass der Vorschlag jetzt aus dem Ressort von Kommissar Rehn kommt, ist besonders alarmierend, denn wenn so etwas einmal im Regelsystem des europäischen Semesters fest verankert ist, wird es schwierig, das wieder herauszulösen. Am Abstimmungsverhalten der ÖVP und der EVP zum Initiativbericht zum sozialen Wohnbau im Europäischen Parlament lässt sich im Übrigen ebenfalls ablesen, auf welcher Seite die Konservativen in Europa stehen: Sie haben sich alle enthalten.
Resolution für sozialen Wohnbau als notwendige politische Aktion
Die Resolution von Bürgermeister Michael Häupl für den sozialen Wohnbau in Europa ist daher kein „politisches Kleingeld“, sondern eine notwendige politische Aktion. Bisher haben 30 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister unterschiedlicher politischer Zugehörigkeiten sowie tausende WienerInnen die Resolution unterschrieben. Und das lange vor der Wahl – die Initiative startete bereits 2013. Im Kern wird die Europäische Kommission aufgefordert, eine Bestimmung im EU-Recht zu ändern, die den sozialen Wohnbau nicht als universell, sondern ausschließlich auf besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen einschränkt. Auf diese Bestimmung haben sich eben jene institutionellen Immobilieninvestoren bei ihren Klagen gegen die Wohnbauförderungssysteme von Schweden, den Niederlanden und Frankreich gestützt. Die 30 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister europäischer Großstädte kritisieren das als einen Eingriff in die lokale Autonomie und das Selbstbestimmungsrecht der Städte, durch verschiedene Maßnahmen für sozialen Zusammenhalt und gegen „Ghettobildung“ zu sorgen.
Die Resolution zum Nachlesen gibt es hier: resolutionsozialerwohnbaujaen2014.
Die Resolution können Sie auch online unterstützen.
Breites Bündnis gegen Kommissionspläne
Nicht nur in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene gibt es Proteste gegen die sogenannten „Überlegungen“ der Kommission. Die Mietervereinigung Österreichs, die Arbeiterkammer, des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen und die Stadt Wien das nun vorliegende Papier der Europäischen Kommission.
Pressemitteilung der Mietervereinigung Österreichs
Pressemitteilung der Arbeiterkammer
Pressemitteilung des Östereichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen
Pressemitteilung des Wiener Wohnbaustadtrats
Auf europäischer Ebene kam massive Kritik vom deutschen Mieterbund und der International Union of Tenants.
Warum es so brisant ist, wenn die Europäische Kommission über den Hebel des Europäischen Semesters in die Wohnungsmärkte der Mitgliedstaaten eingreift, lesen Sie hier.