Heute ist ein guter Tag für die Städte Europas. In Amsterdam trafen die für Städtepolitik verantwortlichen MinisterInnen der EU-28 zusammen, um den Pakt von Amsterdam zu beschließen. Seit langem steht damit endlich wieder die Frage, wie Europa konkret bei den Menschen ankommt, ganz oben auf der Tagesordnung der EU. Es ist kein Zufall, dass es die Niederländische EU-Präsidentschaft war, die dieses Thema so stark forciert hat. In einem der dichtest besiedelten Länder der Welt lebt ein Großteil der Menschen in Städten oder städtischen Räumen und schon immer hatten die Niederlande sich für eine EU-Städteagenda eingesetzt.
70 Prozent der EU-BürgerInnen leben in Städten
Wenn zwei Drittel der EU-BürgerInnen in Städten leben, wäre es wohl logisch, die Städte besser in EU-Politikentwicklung einzubinden. Städte, v.a. große Städte, schultern einen Großteil des ökonomischen Wachstums, der Innovation, der Forschung und der sozialen und demographischen Vielfalt, die unsere Union ausmacht. Wir sind aber noch weit davon entfernt, dass sie selbstverständlich eingebunden werden, wenn die EU neue Maßnahmen setzt, sei es bei der Förderung von Unternehmen, der Unterstützung der Forschung oder der Vermeidung sozialer Brennpunkte. Gegen diese Selbstverständlichkeit wirkt eine große Kraft: Die EU, v.a. die Kommission, arbeitet entlang „sektoraler“ Politikfelder. Städte hingegen sehen ihre eigene Entwicklung ganzheitlich, und sogar, oh Schreck!, unbeeindruckt von nationalen oder EU-Kompetenzen.
Städte bieten integrierte Politiklösungen – das passt nicht zur EU-Geschäftseinteilung
Wo bisher die rumorenden Städte mit dem Hinweis auf bestehende Konsultationsverfahren, „an denen sich eh jede und jeder beteiligen kann“, stillgestellt werden sollten, dürfen sie nun im Rahmen von „Partnerschaften“ mit den EU-Institutionen erarbeiten, welche Lösungen für sie wichtig wären. Und zwar auf rechtlicher Ebene, bei den Finanzierungsbedingungen oder im Wissensmanagement für bestimmte städtische Fragen. Es ist das erste Mal, dass so die multilevel governance zwischen EU, Mitgliedstaaten und Städten gelebt wird. In etwa zwei bis drei Jahren sollten wir dann wissen, wie sich das bei Fragen der Migration und Integration, der Luftqualität, beim leistbaren Wohnen oder bei der städtischen Armut darstellt.
Mehr als eine pädagogische Übung für die Kommission?
Es steht zu hoffen, dass dabei dem Engagement der Städte für und in Europa, das schon immer bestand, auch ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe auf Seiten der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten gegenüberstehen wird. Die Städte sind schon lange in zahlreichen Verbänden wie dem Europäischen Städtebund oder Eurocities, auch dem Ausschuss der Regionen, aktiv. Sie haben bereits seit vielen Jahren und Jahrzehnten ihren Willen kundgetan, gleichberechtigt an EU-Politikentwicklung mitzuwirken. Es steht also zu hoffen, dass die EU-Institutionen nun diese urbane Expertise anzunehmen lernen, denn nur damit kann das europäische Projekt auch tatsächlich an Land gewinnen.