Es müssen die Frauen auf Europa schauen

Gedanken zum Europatag 2025

Heute, am Europatag, werden wieder viele Reden gehalten, meistens von Männern, und oft auch so, dass die Frauen in diesen Reden keinen Platz haben. In Österreich feiern wir diesen Tag im Jahr unserer 30jährigen Mitgliedschaft zu Europäischen Union. In einem Österreich, dass wieder mit Eva-Maria Holzleitner eine feministische Frauenministerin hat, die auf die Frauen schaut, auf ihre Rechte, ihre Chancen, ihre Talente. Ein guter Anlass, um Bilanz zu ziehen, was sich auch auf europäischer Ebene für die Frauen tut. Ganz klar ist: wenn mehr Frauen auf Europa schauen, ist das gut für die Frauen, für Europa und die Demokratie!


Der Befund: Es tut sich was für die Frauen in Europa, aber nicht genug!

Seit der Gründung der Europäischen Union im Jahr 1957 (da waren nur Männer dabei, seht selbst), ist doch immer wieder etwas weitergegangen in Sachen Gleichstellung von Frauen und Männern. Immerhin war das von Anfang an ein Grundsatz, der sich im Gründungsvertrag so liest: „Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“ Davon haben sich dann viele Vorschriften abgeleitet, die die Gleichbehandlung im Beruf und bei den Löhnen, die soziale Sicherheit und den Schutz vor Gewalt betreffen.

Arbeit, von der Frau gut leben kann, auch in der Pension

Dennoch liegt die Schere zwischen den Gehältern von Frauen und Männern EU-weit bei knapp 13 Prozent, bei den Pensionen sogar bei 30 Prozent! Österreich ist hier leider seit vielen Jahren eines der Schlusslichter im EU-Vergleich – da beträgt der Unterschied bei den Gehältern 18 Prozent. Erst spät, im Jahr 2023, hat es eine Richtlinie gegeben, die helfen soll, das Recht auf gleichen Lohn auch durchzusetzen, indem Unternehmen zur Transparenz über ihre Lohnpolitik gezwungen werden. Wie die österreichische Abgeordnete Evelyn Regner, die das Gesetz verhandelt hat, erklärt: „Alle EU-Unternehmen müssen Beschäftigte künftig transparent über Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit informieren. Mitgliedstaaten müssen diese Daten sammeln und öffentlich aufbereiten. Wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle 5 Prozent übersteigt, müssen von Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten außerdem wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um die Lücke zu schließen. Ansonsten drohen hohe Strafen“.

Ein Leben in Frieden und Schutz vor Gewalt für alle Frauen

Jede dritte Frau in Österreich und Europa hat schon einmal Gewalt erlebt. Die EU-Agentur für Gleichstellung (EIGE) erhebt regelmäßig Daten zu geschlechterbasierten Gewalt in allen EU-Mitgliedstaaten. Aber erst 2024 ist die EU in ihrer Gesamtheit der „Istanbul-Konvention“ des Europarats beigetreten, die als völkerrechtliches Abkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt schon 2014 in Kraft trat. Gemischte Gefühle gab es, als die EU 2024 bei der Gewaltschutz-Richtlinie zwar neue EU-weite Straftatbestände eingeführt hat, wie die Zwangsehe, Genitalverstümmelung, Gewalt im Netz wie Online-Stalking und Online-Mobbing u.a.m., aber leider keine Einigung für die konsensbasierte Definition von Vergewaltigung („nur Ja heißt ja“) erfolgte, womit insgesamt der Straftatbestand der Vergewaltigung völlig aus der Richtlinie verschwand.


Demokratie geht nur mit Frauen, ob in Wien, Österreich, Europa oder in der Welt

Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind grundlegende Voraussetzungen für Frieden, Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen bei der Gestaltung unserer Städte und Staaten führt aber dazu, dass es eben, wie oben beschrieben, noch viel zu tun gibt für die Rechte der Frauen. Die Frauenorganisation der Vereinten Nationen erhebt regelmäßig Zahlen, wie es um die politische Teilhabe von Frauen steht; in nur 25 von 145 Staaten sind Frauen Regierungschefinnen, weniger als ein Viertel weltweit stellen Ministerinnen in nationalen Regierungen. In den Gemeinderäten, lokalen Parlamenten, sieht es mit 35 Prozent Frauenanteil schon besser aus, aber europaweit gibt es immer noch zu 83 Prozent Männer die Bürgermeister, da stimmt doch was nicht.

Der Faktencheck zeigt: wo es eine verbindliche Quote gibt und die Rahmenbedingungen für politische Arbeit durch Transparenz, familienfreundliche Terminsetzung und klare Absagen an Gewalt gegen Frauen in der Politik gibt, sind mehr Frauen aktiv. Einen großen Erfolg gab es auch vor Kurzem, als die erste EU-Bürger*innen-Initiative für das Recht auf sichere Abtreibung, „My Voice, My Choice“ EU-weit mehr als 1,2 Millionen Unterschriften erzielte. Nun müssen sich die Europäischen Kommission und das Europäische Parlament mit dieser zentralen Forderung für die Selbstbestimmung der Frauen befassen. Im Europäischen Parlament ist leider der Frauenanteil leider das erste Mal, seit es besteht, gesunken.

Ein EU-Fahrplan für Frauenrechte

Die Europäische Kommission hat nun eine „EU-Fahrplan für Frauenrechte“ vorgestellt, der nun verhandelt wird, der Maßnahmen in allen diesen Bereichen vorsieht und in eine neue Gleichstellungsstrategie der EU münden soll. Es geht um langfristige politische Ziele zur Wahrung und Förderung der folgenden zentralen Grundsätze der Frauenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter, angefangen bei der Freiheit von geschlechtsspezifischer Gewalt, gleichem Lohn, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und gleiche Beschäftigungschancen und angemessene Arbeitsbedingungen bis hin zu politischer Partizipation und gleichberechtigter Vertretung sollen auch institutionelle Mechanismen zur Verwirklichung der Rechte der Frauen geschaffen werden. Dazu wird es in den EU-Institutionen, den Regierungen der Mitgliedstaaten und in der Zivilgesellschaft, bei den Sozialpartnern und aus den Regionen und Städten Europas viele Bündnispartner brauchen. Und vor allem die Frauen, die müssen auf Europa schauen!

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